Autismus im Spannungsfeld der Polykrisen

Ich hab mehrere Blogs über spezifische Themen, aber keinen Blog für alle Themen. Daher versuche ich diesem Dilemma jetzt im Kontext von Autismus auszuweichen. Ich denke, es ist klar, was ich damit meine: Pandemie, Krieg, Klimakrise und Rückkehr des Faschismus mit Aufweichung der Menschenrechte. Alleine der Umstand, dass ich diese Themen so klar benenne, ist in gewisser Weise autismustypisch, weil ich mir dieser schonungslosen Realität bewusst bin, und autismusuntypisch, weil ich viele AutistInnen kenne, die sich völlig von allem Schlechten in der Welt abgekapselt haben und so tun, als ob es nur das Jetzt gibt – weil sie nur so den Alltag bewältigen können, sonst wäre der mentale Overload (“Weltschmerz”) zu überwältigend. Vielleicht würde es mir besser gehen, wenn ich ebenso auf diese Vermeidung setzen würde, aber das liegt nicht in meiner Natur und passt auch nicht zu meinem Lebensstil: Lesen, Recherche, Wissen lukrieren, mitdiskutieren und niederschreiben. Weil das für mich die rationale Bewältigung ist. Wenn es niedergeschrieben ist, muss ich mich damit eine Weile lang nicht befassen. Nicht greifbare Krisen lösen bei mir nämlich ein allgemeines Unbehagen aus, einen ständigen Alarmzustand, und erschwert es mir, abzuschalten.

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Scheitern nach dem selben Muster.

In der ersten Firma wurde ich eingestellt, weil ich mir mit meiner fachlichen Expertise schon vor und während des Studiums einen Namen gemacht hatte. Als autistisches Spezialinteresse, in das ich mich eben vertieft hatte. Wenn ich einmal etwas anfange, dann mache ich das sehr gründlich. Das wurde geschätzt. Damals hatte ich aber noch keine Diagnose, und meine Schwächen und Herausforderungen, die mit Autismus kommen, stießen vor den Kopf, etwa die Unfähigkeit, Dinge zu absolvieren, nur weil sie zum Job gehören, egal wie sinnlos sie mir erschienen, oder monotone Arbeiten wie Exceltabellen ausfüllen, die anderen Mitarbeitern mit (undiagnostizierten) autistischen Zügen nichts auszumachen schienen. Ich wollte auch immer mehr machen als vorgeschrieben, erarbeitete selbständig Fallstudien, setzte mich immer für Fortbildung ein, aber auch für Verifikation, um aus (eigenen) Fehlern zu lernen. Damit stieß ich oft auf taube Ohren, nicht zuletzt, weil ich damit nicht makellose Führungskräfte anpatzte, die sich dadurch bloßgestellt fühlten. Mir ging es aber um die Sache, nicht um die Karriereleiter. Ich war oft gestresst, wenn im Dienst Radio lief mit Mainstream-Musik und ständiger Werbung bzw. Gequatsche, ebenso mied ich das Großraumbüro, wenn ich konnte und bevorzugte ein Einzelbüro, wo ich mich besser konzentrieren, aber auch ungestört ablenken konnte. Die Diagnose kam zu spät. Ich hatte explizit aufgezählt beim Outing, was ich kann und was ich brauche, wurde aber ignoriert.

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Pandemie und Autisten: Zu viel Empathie, nicht zu wenig.

Mein Schutzmechanismus sind Katzen

Es ist wohl kein Zufall, dass ein nennenswerter Teil der immer noch covid-bewussten Menschen “im Spektrum” ist, also eine andere Wahrnehmung, eine andere Denkweise haben als der Durchschnitt. Wenn ich in mein eigenes Umfeld schaue, dann sind darunter viele Menschen mit autistischen Zügen, mit Autismus-Diagnose, mit ADHS, mit Kindern, die eine Diagnose aus dem Spektrum haben und aufgrund der hohen genetischen Komponente vermuten lassen, dass die Eltern auch einige “traits” aufweisen.

Mir gefällt eine Aussage dazu, die ich vor kurzem auf Twitter gelesen habe:

@Guiness_Pig, 20.02.24

Übersetzung: “Die meisten von uns maskieren ihre Neurodivergenz ihr ganzes Leben lang. Es ist ein Schutzmechanismus. Maske tragen = Schutz. Wir verstehen das.”

Wer im autistischen Spektrum zuhause ist, neigt eher dazu, empathischer zu sein – bis zum Punkt, dass man sich einander selbst dann nicht schaden würde, wenn man entsprechend belohnt würde (Hu et al. 2020). Das widerspricht den gängigen Vorurteilen mangelnder Empathie, keine Emotionen zu zeigen und sich von anderen abzuseilen.

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Was ist das noch für ein Leben?

Nicht nur mein Gesicht wird immer länger, sondern auch mein Schatten.

Jedes Jahr der gleiche Mist. Ich brauche gerade ein Ventil, also verwende ich den Blog. Meine autistische Stärke ist es, massenhaft Wissen zu Themen anzuhäufen, die mich interessieren. Wie vor Jahren schon geschrieben, solange dauert die bekackte Pandemie ja inzwischen, hab ich angefangen über Corona zu bloggen, um den Schrecken zu versachlichen. Das ist wie wenn jemand zu einer tödlichen Erkrankung forscht und die Auswirkungen selbst erlebt hat oder nahestehende Betroffene kennt. Mit der Forschung kommt man über die emotionalen Zustände hinweg und kann sich relativ nüchtern der Frage nähern, was man dagegen tun kann: Vorbeugung und Behandlung, oder auch welche Bevölkerungsteile besonders betroffen sind, ob es gezielte Prävention braucht. Ich wollte damals einfach nur raus aus dem Panikmodus und wissen, wie ich mich und meine *Liebsten* schützen kann. Als Autist mache ich keine halben Sachen.

Die Welt hat sich leider mit mehreren VERBLÖDUNGSWELLEN in eine andere ganz andere Richtung entwickelt, als ich in meinen schlimmsten Albträumen mir hätte vorstellen können. Das Virus ist also immer noch da, ist immer noch hochansteckend, zirkuliert ganzjährig, aber ES INTERESSIERT KEINEN MEHR. Nicht einmal dann, wenn wieder vermehrt Krankenstände auftreten. Meiner Beobachtung im Umfeld nach sind auch die Zweit- und Drittinfektionen nicht zwingend ein Lercherlschas. Meistens sind es erneut 2-3 Wochen Krankenstand und eher eine doppelt solange Rekonvaleszenzzeit, im besten Fall. Natürlich gibt es auch viele, die mit dem Feuer spielen und sofort wieder anfangen zu sporteln, sobald die letzten Symptome abgeklungen sind. Das ist halt ein Risiko, sich LongCOVID einzufangen. Andere LongCOVID-Risiken lassen sich gar nicht verhindern durch Ruhe und Schonung, weil es sich um genetische oder andere Risikofaktoren handelt, die man nur schwer oder gar nicht beeinflussen kann.

Dummerweise ist das Blitzdings von Men in Black noch nicht erfunden, und ich hab mir auch noch nicht so kräftig den Schädl angeschlagen, dass ich unter Amnesie leide. Anders ausgedrückt: Ich hab einen ganzen Berg an Fachliteratur gesammelt, das eines klar aufzeigt: Corona ist weder ein banaler Schnupfen noch ein grippaler Infekt, und nicht einmal eine echte Grippe, die für sich genommen schon schlimm genug ist. Was mach ich jetzt mit diesem Berg von Wissen über eine potentiell zutiefst schädliche Krankheit? Hier ein Auszug der gesammelten Studien:

Das sind eh nur schlappe 28 Seiten, alles von bekannten Verschwörungsplattformen wie “The Lancet”, “Science”, “Natur” oder “Economist” gesammelt, was ganz klar meine extremistische Grundhaltung bestätigt.

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