Ich weiß noch immer nicht, ob ich das als Kompliment oder Herausforderung verstehen soll, wenn mir gesagt wird: “Wenn Du vorher nichts gesagt hättest, dann hätte ich nie bemerkt, dass Du Autist bist.” Dieses Mal parierte ich sofort und nachvollziehbar: Im Job sei ich in meinem Element. Solange es um fachliche Dinge gehe, sei mein Autismus nahezu unsichtbar [jedenfalls die beeinträchtigenden Aspekte davon, auch Stärken kann man mit Autismus in Verbindung bringen], erschöpfend sei vielmehr der Alltag, aber das bekommen die Kollegen nicht mit.
Month: May 2019
Dysautonomie bei Autismus
Dieser Beitrag ist eine direkte Übersetzung von https://scienceoveracuppa.com/2019/05/26/dysautonomia-in-autism/ – mit freundlicher Genehmigung der Autorin (thx!).
Das Thema “Dysautonomie” ist sehr bekannt unter Menschen mit vererbten Bindegewebsstörungen wie Ehler-Danlos-Syndrom (EDS) und Hypermobilität-Spektrum-Störungen (HSD). Doch trotz der signifikanten Komorbiditäten zwischen EDS/HSD und Autismus wird in der Autismus-Community nicht viel über Dysautonomien gesprochen. Noch.
Würde es Euch überraschen zu wissen, dass die Mehrheit der Autisten eine Form von autonomer Fehlregulierung aufweist und dass diese alle Bereiche wie Angsterkrankungen, Magen-Darm-Funktion und sogar das Immunystem beeinflussen kann? Zunächst – wenn Du nicht von der EDS/HSD-Community kommst, fragst Du Dich möglicherweise, “was zum Teufel ‘autonom’ meint???”. Nachfolgend eine kleine neuroanatomischer Exkurs, also schnall Dich an!
Das Nervensystem ist in zwei Hauptbereiche geteilt:
- das zentrale Nervensystem (CNS), das aus Deinem Gehirn und dem Rückenmark besteht
- und dem peripheren Nervensystem (PNS), was aus allen Nerven besteht, die in den Körper hineinlaufen und alle Organe verbinden und dann zurück zum Rückenmark gehen.
Das PNS ist weiters unterteilt in “motorische” und “sensorische” Äste:
Beim motorischen Bereich handelt es sich im wesentlichen um hinausgehende Informationen und beim sensorischen um hineingehende Information. Hier konzentrieren wir uns auf die motorische Komponente.
Der motorische Teil ist unterteilt in das somatische Nervensystem (SNS), das willkürliche Muskelbewegungen kontrolliert, und in das autonome Nervensystem (ANS), das im wesentlichen alle kleinen unwillkürlichen Funktionen abdeckt, über die man nicht nachdenken muss, damit sie arbeiten können. Das beinhaltet Dinge wie Herzfunktion, Temperaturregulation und Verdauung – die alle Nerveninput benötigen, um geschehen zu können.
Wenn wir Begriffe wie “Dysautonomie”, “autonome Störung” oder “autonome Fehlfunktion/Fehlregulation” verwenden, meinen wir grundsätzlich, dass das ANS etwas macht, das es nicht tun sollte. Das kann eine tatsächliche Fehlfunktion im ANS selbst sein (primär) oder das ANS reagiert auf etwas anderes, das gerade im Körper schiefläuft und verursacht daher Probleme (sekundär).
Das ANS ist an Dingen beteiligt wie …
- Körpertemperatur aufrechterhalten
- Atmung regulieren
- Blutdruck und Herzschlag mäßigen
- Verdauung manipulieren
- Körperausscheidungen kontrollieren (z.b. Schwitzen)
- sexuelle Erregbarkeit regulieren
Wenn das ANS fehlfunktioniert bzw. fehlreguliert ist, kann es zu folgenden Symptomen führen:
- Ohnmachtsanfälle oder Schwindel
- schneller oder langsamer Herzschlag (oft haltungsbedingt)
- Blutdruckabfall (oft haltungsbedingt)
- Magen-Darm-Probleme (Reflux, Übelkeit, Durchfall, Verstopfung und sogar Gastroparese)
- Müdigkeit
- Verringerte körperliche Leistungsfähigkeit
- Kurzatmigkeit
- Angst und Stimmungsschwankungen
- Migräne
- häufiges Wasserlassen
- Schlafstörungen
- Muskelzittern
- Benommenheit
- Probleme bei der Regulierung der Körpertemperatur
- Sensorische Empfindlichkeit speziell auf Licht und Geräusche
Jeder dieser Symptome kann bis zu einem gewissen Grad unspezifisch erscheinen und nahezu alle Menschen erleben sie zu bestimmten Zeiten. Daher sieht man leicht, wie häufig Dysautonomien von Ärzten übersehen werden. Aber wenn Du viele dieser Symptome über längere Zeit (chronisch) hast, könntest Du Dysautonomie haben.
Wie verhält es sich nun mit Autismus? Um das zu verstehen, müssen wir das ANS in zwei weitere Äste aufteilen: das sympathische (SNS) und das parasympathische Nervensystem (PSNS). Das SNS ist grundsätzlich für das automatisierte Verhalten in Zusammenhang mit “kämpfe oder flüchte” (fight or flight) verantwortlich. Wohingehen das PSNS den “ruhe und verdaue”-Bereich abdeckt.
Bei Autismus scheint der SNS-Bereich überaktiv, häufig zulasten des “ruhe und verdaue”-Bereichs. Verwundert es dann, dass Angsterkrankungen so ein allgegenwärtiges Problem bei Autisten sind, die sich häufig in einem Zustand “kämpfe oder flüchte” befinden? Es wirft vor allem eine Frage auf: Ist die Angst bei Autismus immer das Ergebnis des Gehirns oder könnte es sich manchmal um das periphere System handeln, das dem Gehirn sagt, es solle ängstlich sein? Beispiel: Hattest Du jemals eine Panikattacke, weil Dein Herz zu rasen begann und nicht umgekehrt? Das Gehirn kann diese körperlichen Anzeichen schwer ignorieren, die normalerweise mit Angst verbunden sind, und neigt dazu, sich diesen zu fügen.
Im vergangenen Jahr nahm ich an einem Autismus-Denkfabrik teil, deren gesamte Sitzung den autonomen Aspekten von Autismus gewidmet war. Das Interesse an Dysautonomien im Spektrum wächst langsam. Doch obwohl es sich um ein sehr populäres Thema bei EDS/HSD handelt, ist es längst noch nicht bei Autismus etabliert.
Und ich befürchte, das wird nicht geschehen, bis Autisten und ihre Familien damit beginnen zu verlangen, dass die medizinische Forschung ihren Fokus erweitert und ich ermutige Euch das zu tun. Letztendlich handelt es sich um Aspekte, die die Lebensqualität und generelle Gesundheit eines Großteils des (autistischen) Spektrums beeinflussen und ist etwas, worin nahezu alle von uns übereinstimmen, das ernsthafte Aufmerksamkeit erfordert.
Suche nach neuen Bewältigungsstrategien
So langsam scheine ich die Talsohle durchschritten zu haben. Ich suche jetzt nach einem Ausweg aus der ganzen Misere. Mit der Wohnung habe ich vorerst beschlossen, mit dem Jetzt zurechtzukommen und mir mit der Wohnungssuche bis Herbst Zeit zu lassen. Oberste Priorität hat die Gesundheit. Da bin ich derzeit dabei, mich einzulesen in das Thema Schuhe, Belastung, Trainingsaufbau, Dehnen und CO. Dank Masseurin und Physiotherapeut-Vortrag hab ich wertvollen Input bekommen und muss das jetzt verarbeiten und einordnen, wie mir das künftig weiterhelfen kann. Die letzten kurzen Wanderungen waren nicht von Erfolg gekrönt, obwohl sie mental Balsam waren. Die Schmerzen sind aber bereits auf kurze Strecken zu deutlich, um in den nächsten Wochen auch nur annähernd an leichte Wanderungen zu denken. Continue reading
momentan …

… merk ich, wie viel im Arsch ist, wenn ich mein wichtigstes Spezialinteresse Wandern nicht ausführen kann …
Normalerweise verbringe ich die Zeit am PC, um entweder Bilder zu sortieren, Wanderberichte zu schreiben oder sitze oft stundenlang da, um neue Touren zu recherchieren. Das ist jetzt alles weggefallen. Das hab ich aber immer gebraucht, um zu entspannen, um runterzukommen, und auch als Vorfreude. Bis ich einen Plan dann tatsächlich umsetze, kostet es doch immer wieder Überwindung, speziell alleine.
Normalerweise hab ich das mit der Ernährung auch einigermaßen im Griff, weil ich die Völlereianfälle sonst nur zulasse, wenn ich davor/danach gewandert bin, also wieder die Kohlenhydriatorgien verbrannt habe. Momentan ist der Hunger gleich, aber es wird viel zu wenig verbrannt. Mit der Gewichtszunahme kommen die Bauchschmerzen um den operierten Nabelbruch zurück, die Gefahr eines Rezidivs ist mit Übergewicht ohnehin erhöht.
Normalerweise habe ich auch meine Einschlafprobleme vor Frühdiensten ganz gut im Griff, indem ich mich durch die langen Wanderungen auspowere. Das fällt derzeit völlig weg. Ich bin zwar auch erschöpft, aber eher durch chronische Müdigkeit und die Stresssituation insgesamt. Das ist nicht die “angenehme” Erschöpfung, wenn der Körper müde durch die Anstrengung ist.
Selbst meine minimalen Ziele sind momentan nicht durchführbar, weil die Schmerzen die letzten Tage wieder zugenommen haben. In dieser Situation ist entsprechend schwer, über mögliche Urlaubsziele im Spätsommer und Herbst nachzudenken. Ich habe zwar Urlaub Anfang Oktober nun fix gebucht (Wanderwoche in Nordgriechenland), aber ganz wohl bei dem Gedanken war mir nicht, weil ich nicht weiß, wie lange das jetzt dauern wird und ab wann ich überhaupt wieder anfangen kann. Aber ganz ohne Urlaub ist auch alles utopisch. Neurotypische Menschen würden jetzt alleine ans Meer fahren/fliegen, aber das ist nichts für mich. Die Organisation würde mich überfordern. Also streiche ich derzeit nur Urlaub weg, ohne Ersatz, und irgendwie auch ohne Motivation, ohne Freude in Aussicht für die nächsten Wochen. Ein gerade unlösbares Dilemma.
So eine Situation hatte ich die letzten 9 Jahre noch nie. Ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll.
Radio Ö1: Rückschritt in der Autismus-Aufklärung

Die Aufklärung über das Autismus-Spektrum ist in Österreich nicht weit gediegen. Die Mehrheit der Bevölkerung hat noch nie den Namen (und zugleich Diagnose) Asperger gehört. Hans Asperger war Österreicher, seine Verdienste während der Zeit des Nationalsozialismus im Namen der Wissenschaft und für die Autisten sind nicht unumstritten, wie neuere Recherchen und Bücher belegen. Nichtsdestotrotz hat seine Entdeckung verschiedener Formen von Autismus (“Asperger-Autismus”) dazu geführt, dass man heute vom Autismus-Spektrum spricht. Unter diesem Oberbegriff werden heute alle Autismus-Formen zusammengefasst (vorher sprach von frühkindlichem Autismus, Asperger-Autismus und atypischen Autismus).
Das Spektrum lässt sich unterschiedlich interpretieren: Unter Autisten bekannt ist die Aussage “Kennst Du einen Autisten, kennst Du genau diesen Autisten.” Das heißt: Autismus kann individuell sehr verschieden ausgeprägt sein. Die Grundsymptome sind zwar bei allen vorhanden, die Schwerpunkte aber unterschiedlich ausgeprägt. Manche Begleitsymptome sind bei dem einen gar nicht vorhanden, beim anderen sehr stark. Spektrum bedeutet aber auch, dass die Autismus-Symptome von der Tagesverfassung abhängen, von Stress, von Umweltfaktoren, ob man von Gleichgesinnten oder neurotypischen Menschen umgeben ist und vieles mehr. Ein Autist kann heute in der Lage sein, extrovertiert zu kommunizieren und am nächsten Tag nicht imstande sein, die Wohnung zu verlassen.
Beim Radiosender Ö1 gab es am 03.05.2019 in der Rubrik “Wissen” einen Kurzbeitrag über die Ursachen von Autismus:
Ein weithin unbekanntes Terrain ist auch die Krankheit Autismus. In Österreich sind Schätzungen zufolge knapp 90 000 Menschen von Autismus betroffen, exakte offizielle Zahlen gibt es nicht. Wobei Experten und Expertinnen sprechen nicht von “einer” Krankheit, sondern von der Autismus-Spektrum-Störung, ähnliche Symptome mit vielen verschiedenen Ursachen, die u.a. am Institut für Science and Technology (IST) erforscht werden.
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