Als ich in der ersten Firma zu arbeiten anfing und die ersten autismusbedingten Schwierigkeiten kamen, damals noch undiagnostiziert, fiel es mir schwer, mich zu trennen, nach etwas anderem umzusehen. Eine Initiativbewerbung ist damals gescheitert. Dann hat man mir das Gehen nahegelegt. Manchmal muss dem Glück nachgeholfen werden.
Die zweite Firma war im Vergleich ein Segen, aber schon nach wenigen Wochen zeigten sich wieder autismusbedingte Schwierigkeiten, vor allem in der Kommunikation und Interaktion. Dieses Mal durfte ich offener sein, ohne dass es mir negativ ausgelegt wurde. Dafür kämpfte ich mehr mit den Aufgaben, vor allem mit der Methodik, die meiner Denkweise zuwider war.
Die dritte Firma kam meinen Interessen genau entgegen. Auch innerhalb der Belegschaft war alles harmonisch. Ich war stolz, wenn ich über meine Arbeit redete. Dann wechselte die Chefetage das Parteibuch oder besser gesagt, der Wechsel einer Regierung färbte die Chefetage um. Nach vier Jahren Abrissbirne ähnelt das Betriebsklima dem in der ersten Firma. Dazu kam die Pandemie, und wenn der Arbeitgeber inmitten der schwersten Gesundheitskrise seit 100 Jahren androht, alle rauszuwerfen, um sie durch Billigarbeitskräfte zu ersetzen, dann hinterlässt das seine Spuren – ungefähr vergleichbar mit einem Staat, der beim Gesundheitsschutz in der Pandemie versagt. Das Vertrauen ist nachhaltig zerstört.
Ich hab vor Jahren einen anderen Autisten kenngelernt, durch den ich erst daraufkam, dass ich selbst einer sein könnte. Von ihm wusste ich, dass er immer wieder Jobs gewechselt hatte. Ich war damals schon überzuversichtlich, dass mir das wohl nicht passieren könnte, bis die Kündigung überraschend kam. Nach dem dritten Wechsel war ich mir sicher, meinen Heimathafen gefunden zu haben – genau auf mein Interesse zugeschnitten. Jetzt sind zwölf Berufsjahre vergangen und ich fühle mich so desillusioniert wie seit sieben Jahren nicht mehr. Ich erlebe wieder das Gefühl, wie es ist, hängengelassen zu werden, dass man sich alleine zur Wehr setzen muss, dass im Zweifelsfall jeder nur an sich denkt.
Ich sehe, dass es zunehmend wieder an Punkten hakt, die eben autismustypisch sind – wie Energiehaushalt, die berühmten Löffelreserven, über die ich vor Jahren geschrieben habe – und ich sehe, dass ich von lauter neurotypischen Menschen umgeben bin, die sich nicht in meine Situation hineinversetzen können. In der ersten Firma, so schlimm viele Gefechte waren, hatte ich wenigstens zwei klar autistische Kollegen, und wann immer wir gemeinsam Dienst hatten, verstand ich den anderen und sie mich. Das fehlt mir jetzt. Unter der alten Chefetage hätte ich mich noch getraut, dieses Thema anzusprechen, jetzt meide ich das Thema Diagnose, denn jede Schwäche wird bisher ausgenutzt. Und in diesen extrem unsicheren Zeiten, in denen wir leben und die noch auf uns zukommen, ist die Jobsicherheit nicht ganz unwichtig. Was eine Abhängigkeit schafft, die zum Speiben ist.
Anscheinend ist es nur wenigen Autisten beschieden, und erklärt die hohe Arbeitslosenrate, beständig bei einem Arbeitgeber bleiben zu können und nicht dauernd zu wechseln oder darüber nachzudenken. Wie lang kann man das durchhalten? Und warum ist es überall gleich? Und herrscht überall das gleiche Unverständnis über elementare Bedürfnisse?
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