
Das werden nicht die Feiertage, wie ich sie mir vorstellte. Letztes Jahr ging es aus anderen Gründen in die Hose, dieses Jahr hatte ich mir fest vorgenommen, wieder nach Hause zur Familie zu fahren. In weiser Vorausschau entschied ich mich aber schon im September dagegen und die Entwicklung der Infektionszahlen in Österreich und Deutschland geben mir Recht. Sieben. Stunden. Zugfahrt. sind. zu . riskant. Da gibt es für mich auch nichts zu diskutieren. Abgesehen davon, dass ich die letzten Jahre keine einzige Bahnfahrt auf deutschem Boden ohne gröbere Probleme hatte. Ausfall von Klimaanlagen im Hochwinter, Festsitzen wegen irgendwelcher Störungen, das hab ich alles schon gehabt. Was früher lästig war, kann jetzt wegen Aerosolakkumulation lebensgefährlich sein. Dann komme ich zwar noch uninfektiös zuhause an, aber bin dann krank alleine zurück in Österreich. Feiertage bedeuteten für mich immer Stress, auch das war ein Grund, weswegen ich die letzten Jahre gerade über die Feiertage nicht heimfahren wollte. Lieber außerhalb von Feiertagen, wenn die Leute weniger hektisch sind, und lieber zu einer Jahreszeit, wo die Tageshelligkeit erlaubt, länger draußen zu sein. Das alles sind momentan keine gewichtigen Gründe für mich, die Familie nach zehn Monaten Trenning wieder sehen zu können, sondern alleine das Infektionsrisiko für uns alle. Zuhause nicht viel machen zu können, würde mich gerade weniger stören.

Nach zehn Monaten ohne Kantine wäre ich heilfroh darüber, wenn wieder einmal jemand etwas Gesundes für mich kochen würde. Das vermisse ich schon sehr. Gelegentlich bestelle ich bei Gasthäusern online, weil Anrufen für mich keine Option ist (oft Geräuschpegel im Hintergrund, schlechtes Deutsch, etc…), und erschrecke jedes Mal zu Tode wegen der extrem lauten Türglocke, durch die das ganze Wohnhaus mitbekommt, dass bei mir jemand anläutet. Manchmal tragen die Lieferanten Masken, manchmal nicht. Ich hab einen weißen Zettel, auf dem Trinkgeld steht, da lege ich die Münzen drauf und den Zettel auf den Boden vor die Haustür. Die eigentliche Bezahlung meist per Kreditkarte oder Überweisung, Trinkgeld geht da leider nicht. Einmal wärs gegangen, aber nach 45 Minuten Warten, als ich schon richtig vorfreudig hungrig war, wurde meine Bestellung ohne Gründe storniert. Da war ich richtig sauer, denn es wäre ein Festessen geworden, das ich mir wenigstens einmal gegönnt hätte. Kochen nach Rezept kann ich nicht. Und da hab ich ebenfalls keine Lust mehr, darüber zu diskutieren und “probier doch mal….!” Nein, mach ich nicht. Ist so. Selten betreibe ich etwas mehr Aufwand, das reicht dann aber wieder für ein paar Tage, und bereits zwei Töpfe gleichzeitig überfordern mich schon, das exakte Timing zu erwischen. Täglich gut zu kochen kostet zu viele Ressourcen.

Unfair ist es schon. Vernünftig wäre es, würden alle auf große Familientreffen verzichten. Was ich so mitkriege, planen viele aber trotzdem ihre Treffen und denken, ein Antigentest zwei Tage vorher wäre ausreichend als Schutz. Schlecht durchgeführt, kann man aber trotzdem schon hochinfektiös sein. Dann sitzt der Kollege, in dem Fall ich, daneben, und hört sich die verschiedenen Feiertagspläne an. Ich kann weder zur Verwandtschaft fahren, noch in eine Zweitwohnung, noch habe ich die volle Mobilität wie alle anderen mit Auto. Mir hängt die Stadt schon so zum Hals raus. Es geht nicht anders. Wegen den strengen Einreiseregeln wärs auch gar nicht möglich, und obwohl ich es nicht vorgehabt hätte, fühle ich mich trotzdem benachteiligt. Und das spüre ich in diesen Tagen noch stärker als sonst schon seit Pandemieausbruch. Es ist derzeit schon unter der Woche nicht schön mit dem offenen Handel und den offenen Schulen. Die Tage sind kurz, für ausgedehntere Wanderungen müsste ich früh starten, gerate dann aber in die Rush Hour. Überfüllte Öffis machen wir derzeit Angst. Aber man muss das alles emotional und psychisch wegstecken, so tun, als ob nichts wäre, gleiche Leistung bringen. Business as usual. Ich kann das nicht.

Weihnachten… werde ich heuer teilweise arbeiten. An einem Tag will ich wandern gehen. Die Öffis fahren dann leider seltener und ich muss noch besser planen, um Menschenansammlungen zu meiden. Ohne Auto ist das alles nicht so leicht. Es ist nicht die gleiche Mobilität wie vorher, selbst wenn mehr erlaubt ist als im ersten Lockdown. Silvester hab ich mir freiwillig Dienst eingetragen. Frei hab ich nur tagsüber, das reicht für unsere traditionelle Wanderung. Anreisen kann ich mit dem besten Freund im Auto, mit Maske natürlich. Angestoßen wird auch draußen. Bestenfalls bei viel Wind wie im Vorjahr. Urlaub hab ich dann erst im neuen Jahr ein paar Tage. Für Tagestouren wird es reichen. Hoffentlich liegt dann mehr Schnee, dass ich die Schneeschuhe auspacken kann.
Ich hatte das Glück, dass ich im vergangenen Jahr an Weihnachten nach Erfurt fahren konnte. (Das letzte Mal war in 2011, in den Jahren danach waren meine Eltern zwei Mal an Weihnachten in Wien und die restlichen Jahre feierte ich Weihnachten alleine. Ist mittlerweile Gewöhnungssache, alleine die Weihnachtsfeiertage zu verbringen.)
Nur, nachdem das Ganze in 2019 recht gut abgelaufen ist, wollte ich gern in 2020 wieder nach Erfurt fahren, aber mir wurde – auch wie Dir – schon im September klar, dass das nichts wird.
Teilen wir das „Leid“, dass wir nun heuer Weihnachten alleine feiern – und böse formuliert: Ich lehne mich zurück und schaue zu, wie die anderen unbedingt ihre Heucheleien ausleben müssen, sich an Weihnachten gegenseitig besuchen und sich womöglich anstecken.
Da kann ich dieses Mal kein Mitgefühl zeigen. Es reicht, dass ich seit Monaten aus Rücksicht auf andere sehr viele Abstriche mache(n musste) und ich erwarte mir auch dafür kein Mitleid.
Aber ich will kein Verständnis dafür haben, dass die anderen sich an Weihnachten unbedingt besuchen müssen. Da hält sich mein Mitgefühl in Grenzen.
Ich wünsch Dir was!
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