
Vom 08. bis 29. Jänner verbrachte ich meine erste Kur auf Kasse. Über meine Erfahrungen habe ich drei Wochen lang Tagebuch geführt. Ich nenne hier bewusst keinen Namen des Kurorts, weil ich nicht möchte, dass er über die Google-Suche auffindbar ist. Im folgenden Text möchte ich meine Erfahrungen preisgeben, einerseits, damit man sich grundsätzlich ein Bild machen kann, wie eine Kur heutzutage abläuft, andererseits besonders Autisten, die die Möglichkeit zu einer Kur haben, eine Hilfestellung zu geben, was auf sie zukommt. Die Erfahrungen sind nicht repräsentativ für andere Kurorte! Hier ging es relativ locker zu, woanders sind die Bedingungen strenger, der Zeitplan dichter, aber auch die Therapie mitunter individueller zugeschnitten. Auf Anfrage per Mail nenne ich den Namen des Kurorts (sofern man ihn sich aufgrund meiner Angaben nicht ohnehin schon herleiten konnte).
Antragstellung:
Initiator war mein privater Orthopäde, wegen Knochenmarködem im Fuß, als Ziel standen Muskelaufbau und Schmerzreduktion auf dem Antragsforumular. Das schickte ich an die Pensionsversicherungsanstalt, die mir nach einigen Wochen antworteten, bzw. war die Kuranstalt schneller. Der Orthopäde hatte Baden auf das Formular geschrieben, ich aber änderte es noch um, denn Baden liegt nur eine Stunde von meinem Wohnort entfernt. Wunder erwartete ich mir bei einem langwierigen Problem wie Knochenmarködem nicht und die Physiotherapeutin sah mein Hauptproblem auch in der Rücken- und Rumpfmuskulatur, dafür war mein geplantes Kurhotel geeignet. Ich wollte zugleich auch räumlichen Abstand zum Wohnort und zur Arbeit. Letzendlich war die Kur 2/3 für den Körper und 1/3 für die Psyche.
Organisatorisches:
Die Rezeption des Kurhotels rief mich zwei Mal an, sonst lief der Austausch erfreulich unkompliziert per Mail. Eine nervliche Herausforderung war die Vorbereitung. Ich musste einiges einkaufen, wie Trainingsanzug, Badehose und Unterwäsche, und wusste nicht, was mich erwartet. Die Informationen auf der Webseite des Hotels waren spärlich, was den Ablauf betrifft. Die Ungewissheit darüber hat mir wesentlich mehr zugesetzt als der Aufenthalt selbst. Hinterher kann ich natürlich leicht sagen, dass ich mich unnötig verrückt gemacht habe. Nachdem die Wege innerhalb vom Haus relativ kurz sind und die Räumlichkeiten gut geheizt, hätte ich auf manches verzichten können, bei anderen Anstalten sind die Wege deutlich weiter.
Anreise:
Ich reiste – nicht als Einziger, aber als einer der wenigen – öffentlich mit der Bahn an. Die Fahrt dauerte mit Umsteigen genau vier Stunden. An der Haltestelle wurde ich vom Hausmeister mit dem Shuttle-Bus abgeholt und direkt zur Kuranstalt gebracht.
Hotel und Umgebung
Das Hotel liegt zwischen November und März durchwegs im Schatten unmittelbar am Nordhang des Grimming, in einem abgelegenen, engen Graben. Es gibt einige Rundwanderwege in der näheren Umgebung sowie mit dem öffentlichen Shuttlebus-Service sind auch die umliegenden Ortschaften und einige Ausgangspunkte für Wanderungen sowie für das Skigebiet Tauplitzalm erreichbar, genutzt hab ich das Angebot aber nie, weil man dafür extra telefonieren (vorbestellen) muss. Ich bin die letzten drei Wochen vergleichsweise aktiv auf Menschen zugegangen, da war das zusätzliche Telefonat einfach nicht mehr drin. Und zur Rezeption gehen und bestellen lassen kostet genauso viel Überwindung wie gleich bestellen.
Kritikpunkte:
Im Internet fand ich einige negative Kritiken, sodass ich mit gemischten Gefühlen hinfuhr. Letzendlich bleiben aber nur wenige Kritikpunkte stehen, Berichte über in die Jahre gekommenen Räumlichkeiten kann ich nicht bestätigen. Vieles wurde saniert, neue Geräte für den Fitnessraum, das Hallenbad ist schön und war kaum überlaufen. Die Zimmer waren immer sauber, das Servicepersonal zuverlässig und sehr tüchtig. Bei 100 Zimmern ein Knochenjob. Das Personal stammt großteils aus Osteuropa bzw. Ex-Jugoslawien. Sie werden mit einem Hungerlohn in Pension gehen. Großzügiges Trinkgeld ist für mich daher Pflicht gewesen, ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das Zimmer war groß, das Badezimmer relativ klein für ein Doppelzimmer. Zu zweit wäre es eng geworden, aber sonst war alles vorhanden. Fernseher, Steckdosen, WLAN, Kühlschrank, Genügend Platz zum Kleidung aufhängen, eine kleine Sitzcouch und Balkon.
1. Die Matratze ist generell zu hart. Offenbar schlafen doch einige nicht so gut. Ich hab lediglich zwei Nächte durchschlafen können, sonst bin ich jede Nacht mindestens einmal aufgewacht, hab mich ein paar Mal umgedreht. Frischluft hat das Durchschlafen nicht gefördert, an der Luft im Zimmer lag es nicht. An meinen Kreisgedanken lag es auch nicht, meine Tischnachbarinnen schliefen genauso schlecht. Also erholsam im Sinne von genügend Schlaf war die Kur für mich nicht und es ist ironisch, dass die Kur vorwiegend Rückenbehandlungen anbietet und damit eher Rückenbeschwerden therapiert, die man sich während dem Kuraufenthalt zuzieht und nicht das Leiden verbessert, mit dem man zur Kur hingeht!
2. Das Essen. Das hat mich wirklich herb enttäuscht, weniger von der Qualität als von der Aufbereitung. Zum Abnehmen kommt man nicht hierher. Es gibt zwei Mal am Tag ein warmes Essen mit Suppe, Salat vom Buffet und kleinem Dessert. Einmal würde ausreichen. Vor allem mittags sollte es kalte Gerichte geben und abends nach den Therapien üppig und warm. Schweinsbraten mittags und danach Gymnastik macht wenig Sinn. Tendenziell isst man also zu viel. Ich hab insgesamt zwei Kilo abgenommen nach einer Woche und das dann für zwei Wochen gehalten.
Beim Frühstück wird nicht aufgefüllt. Wer frische Trauben, Camembertecken oder Rührei möchte, muss schnell sein. Es wird nichts nachgeliefert und manche Gäste häufen sich den Teller mit den seltenen Sachen dermaßen voll, dass für andere nichts mehr übrig bleibt. Beim Frühstück fehlt die Allergen-Beschriftung. Laktosefreie Milch und laktosefreies Naturjoghurt bekam ich immer extra an den Tisch gestellt, aber nur zwei Mal hab ich das Joghurt gegessen, sonst war es mir oft zuviel. Warum kann man nicht beim Buffet immer ein paar Becher hinstellen? Ich werde von 100 Kurgästen, davon ca. 80 über 45 Jahre, nicht der einzige mit Laktoseintoleranz gewesen sein, aber ich möchte selbst entscheiden, wann ich das Joghurt esse und wann nicht. Genauso könnte man wenigstens eine laktosefreie Schinken- oder Wurstsorte anbieten bzw. Käse genauso.
Überhaupt fand ich es seltsam, dass ich vor Ort noch einmal aktiv einen anderen Essensplan einfordern musste. Im Antragsformular musste man die Allergene bereits angeben. Das Dessert bestand in 15 von 20 Fällen aus einer Creme aus Milch oder anderen laktosehaltigen Bestandteilen. Ich hab in drei Wochen mehr Laktosetabletten verbraucht als zuhause, sonst hätte ich aufs Dessert und auch auf viele Suppen verzichten müssen. Wenn das Dessert dazu bestellt hätte werden müssen, hätten es viele wohl weggelassen. In der Menükarte waren die Allergene erfreulicherweise aufgelistet, aber Laktose war fast überall drin. An manchen Tagen war in Suppe, Hauptgericht und Dessert überall Laktose. Warum schafft man es in einer Kurküche nicht, öfter laktosefrei zu kochen? Histamine waren auch häufiger zugegen, gerade in der Suppe, oder sobald es asiatisch wurde (Geschmacksverstärker). Das Gemüse bzw. Salat vom Buffet war oft nicht richtig durchgekocht, zum Schluss griff ich mir die dekorativen Petersilienbüschel aus den Salatschüsseln, die schmeckten wenigstens herzhaft. Ich bekam einen eigenen Essensplan von der Ernährungsberatung, der bestand aber im wesentlichen daraus, etwas wegzulassen (meist die Sauce, wodurch Fleisch recht trocken wurde) oder Kartoffeln (kein großer Wurf) oder Gemüse (s.o.) hinzugegeben wurde. Das hätte ich ehrlich gesagt selbst noch geschafft.
3. Antenne Steiermark. Das ist ein Punkt, der tendenziell geräuschempfindliche Menschen wie mich mehr störte. Es lief täglich Radio Steiermark, im Speisesaal, teilweise in der Bar und im Geräteraum bei den Übungen. Drei Wochen lang Werbung, fast täglich dieselben Lieder, der gleiche unerträgliche Schmonzschas, der auch auf Ö3 läuft. Ist für die Folgeschäden durch den Radiosender eine psychische Reha vorgesehen und wenn ja, wie lange? Am Zimmer hörte ich Musik übers Handy, meinen Lieblingssender über WLAN ging nicht, dazu war die Übertragungsrate zu gering.
Therapieplan:
Jeweils Mittwoch- und Samstagabend wurde der Therapieplan ausgegeben. Änderungen wären möglich gewesen, aber ich hatte ja keine Verpflichtungen hier und daher hab ich nie etwas moniert. Geringfügig vorverlegen konnte man die Elektrotherapie, manches wurde von den Therapeuten selbst vorverlegt.
Zeitplan:
Am ersten Tag wurde uns gesagt, man bemühe sich, bis 14 Uhr fertig zu werden, Samstag maximal bis 12 Uhr. Unter der Woche wurde es doch häufig länger. Zwischen den Therapien waren Minimum 30 min, häufiger 1-2 Std. und an manchen Tagen sogar bis zu 6 Stunden Pause. Viel Freizeit also, die ich meist zum spazierengehen, schwimmen oder wandern nutzte. Der Geräteraum war oft belegt, leider – und das ist ein weiterer Kritikpunkt – stand dort nie, wann er belegt ist, sonst hätte man sich die Zeit effektiver einteilen können zum Trainieren. Häufig blieb ich auch einfach im Zimmer, dort herrschte überwiegend Ruhe und ich genoss das Abschalten können.
Nicht immer waren die Einheiten aufeinander abgestimmt. Massage in der Früh, Ausdauertraining gleich nach dem Mittagessen. Morgens das Moorschwebstoffbad, das den Kreislauf abstürzen lässt, am Vormittag Kraftraining. Wahrscheinlich war es wegen den begrenzten Räumlichkeiten, dem ebenso begrenzten Personal (Sparzwang) und 100 Patienten nicht anders möglich, den Therapieplan sinnvoller zu gestalten.
Anzahl:
In Summe gab es für mich 63 Pflichttermine, darunter die Erst-, Zwischen- und Abschlussuntersuchung, d.h., 60 Behandlungstermine. Zusätzliche (freiwillige) Teilnahmen waren möglich, aber nicht notwendig.
Durchführung:
Die angegeben Zeiten waren immer Bruttozeiten. 30min Ausdauertraining waren meist 15-20min. 30min Gymnastik 20min, 20 Minuten Massage wurden zu 12 Min reduziert, etc. Mitgerechnet wurde immer das An- und Auskleiden sowie Duschen. Tatsächlich kam man schon minimal oder korrekt gekleidet zum Termin, sodass man mehr Nettozeit hätte verbringen können. Außerdem musste man bei jeder Einheit auf der Liste des Therapeuten unterschreiben und er unseren Plan gegenzeichnen. Vorgabe der Pensionsversicherungsanstalt.
Die Therapeuten fragten vor der Anwendung von Massage oder Moorpackung oft, wo es denn weh tue, und das war für mich schon ein Problem. Meine Schmerzen sind meist belastungsabhängig und nicht ununterbrochen vorhanden. Entsprechend konnte ich auch nicht sagen, ob es besser geworden ist. Das fand ich erst heraus, wenn ich wieder 15km wanderte oder einen steilen Wiesenhang hinabging.
Nachfolgend möchte ich kurz beschreiben, was bei den einzelnen Therapien gemacht wurde und wie wirksam sie für mich waren.
Erstuntersuchung und Anamnese Physiotherapie
Die Physiotherapeutin zuhause hatte mich schon darauf vorbereitet, dass der Kurarzt die Befunde nur überfliegen würde und so war es auch. Zudem hatte mein junger Kurarzt eine sehr klare Meinung zu allem, ohne die genauen Hintergründe kennen z müssen. Er behauptete, mein Ödem sei eine klare Marschfraktur gewesen, Mikroeinrisse, auch wenn das MRT (was er nicht zu Gesicht bekam) uneindeutig war. Zudem heile JEDES Ödem innerhalb von sechs Monaten aus (was nicht stimmte, ich hatte die ersten Beschwerden im Juni 2018 und jetzt ist Jänner 2020 und es ist noch nicht völlig weg). Stoßwellentherapie sei nur eine Geldquelle der Fachärzte und völlig wirkungslos (und Ultraschalltherapie und Lasertherapie auf Kassenkosten nicht?). Die Bioelektrische Impedanzanalyse hielt er für überflüssig, Osteopenie hätte jeder Mensch und hätte keinen Krankheitswert. Ich sagte, ich sei wegen genetisch bedingtem Hypogonadismus stärker gefährdet, aber darauf ging er nicht ein. Mein Hausarzt hatte vor der Kur eine akute Venenentzündung in beiden Waden diagnostiziert, davon sah er nichts. Meine Hitzewallungen in den Füßen müssten von etwas anderem kommen. Histaminunverträglichkeit gibt es nicht, nur Unverträglichkeit gegen Geschmacksverstärker (die Ernährungsberaterin und der Chefkellner waren beide histaminunverträglich). Zum Asperger fragte er mich “ob sich die Symptomatik in den letzten Jahren verbessert habe seit der Diagnose.” und wie es sich bei mir äußert, er schien vor allem erleichtert, dass ich bei Overloadsituationen nicht aggressiv werde (und damit keine Probleme mache), aber mehr interessierte ihn nicht. Sogar die uralte Kurärztin, die ich bei der Zwischenuntersuchung hatte, war bezüglich Asperger einfühlsamer und verschrieb ungefragt noch einmal Entspannungsverfahren.
Ich sollte auch auf der Schmerzskala von 1 bis 10 einen Wert angeben, was für mich Raterei war.
Die Abschlussuntersuchung bestand nur aus einem Gespräch, 3 Termine, 3 verschiedene Ärzte, relativ sinnfrei. Die junge Ärztin gab dann selbst zu, dass bei Knochenmarködem die Therapie noch unklar sei.
Bei der Anamnese für die Physiotherapie zählte ich noch einmal alle Leiden auf, die ich schon im Antragsformular angegeben hatte.
Elektrotherapie
Ultraschalltherapie
Bruttozeit 10min, netto 5min. Die Ultraschallwellen durchdringen die Haut und bleiben im Fettgewebe hängen, verursachen dort einen Wärmestau und sollen so das Gewebe massieren, Durchblutung anregen und Verspannungen lösen. Man merkt weder die Wirkung noch eine Nebenwirkung. Ich konnte die Therapie nach der Zwischenuntersuchung abwählen und durch etwas anderes ersetzen.
Lasertherapie
Bruttozeit 20min, netto 10min. Dafür gilt das gleiche wie für Ultraschall. Beide Therapieformen haben das Problem für mich, dass sie punktgerichtet sind, aber der einzige Ort, wo ich einen punktförmigen Schmerz habe, ist der unterm Sesambein am Fuß mit dem Ödem, und dort durften sie nichts machen. Auch diese Therapie wählte ich ab.
Wechselstromtherapie
Bruttozeit 20min, netto 10min. Vier Saugnäpfe am Rücken, durch die abwechselnd Strom fließt und einen spürbaren Massageeffekt erzeugen. Das war ok, aber eine anständige Rückenmassage durch Menschenhände war wirksamer.
Rotlichttherapie
Bruttozeit 15min, netto 10min. Die Rotlichtlampe erzeugt starke Wärme, wird ausschließlich am Rücken verwendet. Ich war nie in der Sauna, aber dort gibts Rotlichtanwendung für den ganzen Körper, soll effektiver sein. Ganz nett NACH dem Sport, aber oft hatte ich die Therapie am frühen Morgen, manchmal noch vor dem Frühstück. Naja.
Gymnastik und Geräte
Sensomotoriktraining inklusive Kraft
Bruttozeit 60min, netto ca. 30-45min. Vom Namen her schon für Autisten prädestiniert. Hatte ich insgesamt 6x. Fand ich wirklich gut. Erst Übungen auf der Matte am Rücken, mit Kraft- und Dehnungsübungen fürs Gesäß und Bauchmuskeln, dann auf dem Balance Pad mit Kniebeugen mit geschlossenen Augen sowie Bälle fangen und werfen auf einem Bein stehend.
Bei der zweiten Therapeutin waren die Übungen intensiver und durchwegs auf der Matte, auch im Sitzen und mit einigem Kraftaufwand verbunden.
Ausdauertraining mit Geräten
Bruttozeit 30min, netto 15-20min. Es gibt keine Geräteeinführung vor der ersten Übungseinheit. Bis auf das Ergometer und das Rudergerät kannte ich nichts und es wurde auch nicht gezeigt, wie man die einzelnen Geräte richtig benutzt. Idealerweise sollte immer ein Trainer anwesend sein, wenn im Geräteraum trainiert wird. Meist sollte man 15 Min aufs Ergometer, dann wurden Herzfrequenz und Wattleistung notiert. Beim Maximalpuls gehen die Meinungen der Therapeuten auseinander. Die Einschulung für die Pulsuhren fand nach dem ersten Training statt, mit leeren Batterien, weil die Pulsuhren vorher wochenlang nicht benutzt wurden. Warum gibt man unaufgeladene Uhren und Brustgurte an die Patienten??
Heil/Krankengymnastik Lendenwirbelsäule/Halswirbelsäule
Bruttozeit 30min, netto 20min. Übungen auf der Matte mit Kraft- und Dehnübungen, bei der Halswirbelsäule zusätzlich mit Gymnastikball und Theraband, manchmal staunt man über die Einfachheit und wie leicht man das zuhause nachmachen kann (ich hab Ball und Band). Gerade die Übungen für den Hals und Nackenbereich sind gut fürs Büro.
Unterwasserheilgymnastik
Bruttozeit 30min, netto 20min. Übungen im Hallenbad, teilweise mit der Schwimmnudel. Ganz nett, hatte mir aber irgendwie mehr erwartet. Leider die einzige Therapie im Wasser. Schade, dass keine Schwimmkurse angeboten wurden. Ich hätte gerne Rückenschwimmen gelernt, ist besser für den Nacken und die Schultern als Brustschwimmen.
Beckenbodentraining
Bruttozeit 30min, netto ca. 25min. Das bestand aus 15min Theorie und 3 Übungen. Es geht vor allem darum, den Schließmuskel zu trainieren. Tipp: Beim Husten und Niesen zur Seite drehen, dann gehts nicht in die Hose. Durchaus humorvolle Sexualkunde für überwiegend Frauen (aber mit mir noch ein weiterer Mann).
Heilgymnastik einzel
Einmal wurde ich massiert, vor allem Beinmassage, war ganz angenehm, aber nicht wirklich effektiv. Beim zweiten Mal bei einem anderen Therapeuten bekam ich drei effektive Übungen gezeigt, weil er anhand meiner Bewegung und meiner Blockade bei Dehnungsübungen sah, dass meine Hüftbeuger stark verkürzt sind. Diese 30 Minuten waren wohl die sinnvollsten der ganzen drei Wochen, weil auf mein zweites Problem (Hüfte, Oberschenkelansatz) zugeschnitten. Problematisch war nur, dass der Therapeut schlecht deutsch konnte und ich drei Mal nachfragen und er drei Mal sagen musste, was er von mir wissen wollte.
Nordic Walking
Bruttozeit 60min, netto: 35-50min. Das kannte ich noch nicht, ich geh sonst nur mit Wanderstöcken. Das hat mir wirklich Spaß gemacht. Man geht zügig dahin und verbraucht ein paar hundert kcal. Langfristig aber nur eine Option, wenn mein Ödem vollständig geheilt ist.
Massagen und Moor
Moorschwebstoffbad
Bruttozeit 30min, netto 20min. Man liegt in einer Wanne im Wasser, das ölig schwarz aussieht. Sehr warm, bewirkt schwitzen und der Kreislauf ist ziemlich am Boden. Beim ersten Mal hab ich kurz danach noch eine Wanderung gemacht bei Eiseskälte, sollte man sonst eher nicht machen, sondern erst einmal ruhen.
Moorpackung Teilkörperbehandlung
Bruttozeit 30min, netto 20min. Für den ganzen Körper gibt es das nicht (mehr). Entweder Lende, Rücken oder Schultern. Der Moor sieht aus wie Kuhgatsch, man legt sich nackt drauf, wird in Decken eingerollt wie eine Rindsroulade und bleibt dann liegen. Im Anschluss kann man sich abduschen und den Gatsch bestenfalls aus allen Körperöffnungen befreien. Die Wärmeanwendung entspannt ebenfalls.
Teilkörpermassage
Bruttozeit 20min, netto 10-12min. Alle drei Masseure konnten gut massieren, schön mit den Fingerknöcheln ins Gewebe, leider nur am Rücken. Ich hätte lieber Beinmassagen gehabt, aber das ist anscheinend vorgegeben. Die Dauer natürlich viel zu kurz. Einmal 35min ist sinnvoller.
Vorträge, Workshops und Beratungen
Ernährung im Alltag für Berufstätige
Die Diätologin gab allgemeine Tipps für normale Berufstätige, also nicht für Schichtdienstler, somit war das meiste für mich bereits unbrauchbar. Man hört, was gut ist, was nicht gut ist, sie gab selbst zu, dass das alle paar Jahre wechselt. So war aber nichts neues dabei und eben nur ihre Meinung. Einzig brauchbar für mich war die Empfehlung, abends statt Kohlenhydrate Omelette oder Rührei zu essen, das setzt dann weniger an und liegt nicht so schwer im Magen.
Was mir gefehlt hat: Ernährung in Verbindung mit Sport, denn die Gesundheitsvorsorge Aktiv, so nennt sich die Kur jetzt, war mit aktiver Bewegung verbunden. Wenn man aber den Seminarraum verließ und in den Speisesaal ging, dann widersprach das angerichtete Buffet paradoxerweise den Ernährungsempfehlungen. Es gab fünf Fruchtsäfte, wo nicht deklariert war, was dahintersteckt bzw. wieviel Zucker drin war, frisch gepresst war nichts. Es gab Früchtejoghurt, Haselnusscreme und eben picksüße Desserts täglich. In meinen Augen hätte man gar kein Dessert anbieten dürfen, speziell für jene mit Übergewicht, die sich trotzdem bedienten.
Ernährungsberatung einzel
Auch da hatte ich mir mehr erwartet. An drei Terminen legten wir meinen Speiseplan fest. Ich sah den Plan für alle schon jeweils 7 Tage im voraus, gemeinsam ließen wir besonders histaminreiche oder laktosehaltige Beilagen oder Zutaten weg und wählten Alternativen. Aber ganz ehrlich: Das hätte ich großteils auch selbst geschafft. Was ich mir erwartet hätte, wie soll man sich im Schichtdienst ernähren, wie in Bezug auf Sport? Am Ende des dritten Termins deutete ich an, dass die Herausforderung sei, nach der Kur so weiter zu essen mit Schichtdienst. Sie meinte nur, sie könne sich das gut vorstellen, aber eine Empfehlung hörte ich nicht. Die Beratung war zu Ende. Immerhin weiß ich jetzt, dass ich mir Ernährungsberatung auf Kasse sparen kann.
Workshop “Mentale Gesundheit im Berufsalltag” und “Beruflicher Alltag und gesundes Leben”
Beide Workshops (insgesamt drei Termine) waren vom Kurpsychologen. Den hatte ich anfangs unterschätzt, aber er ist sehr erfahren, hat viel gesehen und schürt keine illusorischen Erwartungen für die Zeit nach der Kur. Es ging vor allem um Stressbewältigung, wie man die drei Stresshormone (Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol) niedrig halten kann, und um Burnout-Prophylaxe. Wert legen auf kleine Auszeiten, auf Waldspaziergänge und auf aktives Nichtstun. Maximal drei Dinge vornehmen für nach der Kur anstelle einer langen Liste, von der man nichts umsetzt. Sofort beginnen, täglich bzw. regelmäßig, sonst wird es nichts. Er berichtete auch von somatischen Erkrankungen, also wenn die Psyche auf den Körper schlägt, wenn Ärzte keine organische Ursache finden, aber Schmerzen dennoch da sind. Ich hab in den drei Wochen wirklich eine Hochachtung vor seiner Erfahrung und den Umgang mit den Patienten bekommen.
Psychologisches Gespräch Einzel
Bruttozeit 30min, netto 20min. Die Zeit sagt alles, es ist ein Witz. Die Kasse zahlt nicht mehr, sie zahlt nicht einmal einen zweiten Psychologen. Er bekommt nur eine Vertretung im Krankheitsfall bzw. zu Arbeitsspitzen. Im Erstgespräch musste man einen Fragebogen über das psychische Befinden der letzten 4 Wochen ausfüllen, im Zweitgespräch ging es bereits um eine Art Schlussstrich zur Kur und die Frage nach dem, was man aus der Kur mitnimmt. Der Zeitrahmen bietet keinen Platz, um persönliche oder berufliche Probleme zu besprechen. Was er macht und auch erzählt hat: Zu Beginn kommen immer wieder völlig überarbeitete Kurgäste zu ihm, bitten um einen Einzeltisch beim Essen, um abschalten zu können, weil sie sonst ständig von Leuten umgeben sind. Nach 1-2 Wochen sind sie dann langsam bereit, sich mit anderen zu unterhalten.
Was möglich ist: Ein privater Termin für 60 Minuten, der 80 Euro kostet.
Entspannungsverfahren nach Jacobsen und Tiefenentspannung
In jeweils zwei Sitzungen mit Bruttozeit 30-60 Minuten, netto aber nur rund 20 Minuten, zeigte er zwei Entspannungstechniken. Bei der Jacobsen-Technik geht es um Muskelanspannung und -entspannung, es werden nach der Reihe alle Körperteile durchgegangen. Bei der Tiefenentspannung spielt vor allem die Stimme eine Rolle, und die Versetzung in einen Trance-Zustand. Er erläuterte bei einem der Workshops auch, wie Hypnose funktioniert und wozu Tiefenhypnose klinisch-psychologisch genutzt werden kann. Im Grunde genommen sind alle Entspannungstechniken Hypnose, die Versetzung in einen Trance-Zustand, was gegen den eigenen Willen aber nicht funktioniert, Zirkus- und Fernsehnummern seien immer Fake, die ausgewählten Zuschauer haben sich vorher schon bereiterklärt.
Kritikpunkt: Die Sitzungen fanden neben dem Geräteraum im Fitnessraum statt. Beim ersten Termin setzte sich nach einer Viertelstunde jemand aufs Rudergerät, das Geräusch war ohrenbetäubend, ich konnte mich nicht mehr auf die Stimme des Psychologen konzentrieren, mit Entspannung war es vorbei. Er sagte auch, das geht überhaupt nicht, und sprach mit der Direktorin (wie viele Monate oder Jahre ging das vorher schon so?!), danach wurden Rudergerät und Laufband für die Zeit der Sitzung gesperrt. Beim zweiten Termin hörte man dafür mit klirrendem Geräusch, wie sich jemand Gewichte für ein Kraftgerät auflud. In meinen Augen sollte man a) den Geräteraum komplett sperren für die 15-20min Entspannungstechnik oder b) in einen anderen Raum gehen.
Zusätzliche Angebote
20 und 50min Massage privat, Kosten jeweils 22 bzw. 42 Euro.
Ich nutzte beide Möglichkeiten. Für 20min ließ ich mir eine Fußreflexzonenmassage geben, davon war ich allerdings nicht sehr überzeugt. Für 50min ließ ich mir eine Ganzkörpermassage geben, die schon deutlich besser war. Die Massagen musste man telefonisch vereinbaren, doch ich hatte den Masseur öfter bei Elektrotherapie und machte dann persönlich einen Termin bei ihm aus.
Geführte Schneeschuhwanderung, Kosten: 10 Euro
Dafür konnte man sich in einer Liste im Foyer bei der Rezeption eintragen, ab drei Teilnehmern kam die Wanderung zustande. Für Anfänger und Fortgeschrittene stand da. Bis zum Termin konnte mir von der Rezeption niemand sagen, wohin die Wanderung ging, was für mich wichtig war, um zu wissen, was ich einpacken sollte. Ich stand also Samstagmittag mit voller Ausrüstung (Rucksack, Thermoskanne) beim Treffpunkt, und der Schneeschuhwanderführer sagte gleich, ich sei zu gut ausgerüstet, wir würden nur ein wenig in der Ebene wandern. Die Wanderung dauerte dann 3 Stunden, ein paar Höhenmeter waren dabei, ich war froh über meinen Tee, aber sonst hätte ich den Rucksack nicht gebraucht. Am Kumitzberg (930m), unserem höchsten Punkt gab es selbstgemachten Haselnusslikör und einen milden Obstler. Es waren sonst nur Anfänger dabei, ein Ungar mit Straßenschuhen, der kein Wort deutsch sprach und von den Erzählungen des Schneeschuhwanderführers nichts verstand, ein junger Schüler mit Wienerwald-Schneeschuhen (ohne Steighilfe und Zacken) und ein weiterer Kurgast, der mit Nordic Walking Stecken losgehen wollte und Trekking-Halbschuhe anhatte, und entsprechend aus dem Schneeschuh rutschte. Ich konnte mich dafür in Ruhe mit dem Führer unterhalten und wir tauschen unsere Bergerfahrungen aus, so sah er gleich, dass ich mich geographisch super auskannte. Einziger schaler Beigeschmack war, wie sehr er den Redbull-Chef in den Himmel hob, weil er so viel für den Tourismus im Salzkammergut getan habe. Er habe immer Red Bull auf den Wanderungen mit, das sei das Beste. (Ein Cola oder die Pocket-Coffees oder konzentriertes Kohlenhydratgel tun es allerdings auch und sind etwas gesünder). Die kritiklose Mateschitz-Verehrung ist aber besonders in Salzburg und der Obersteiermark weit vorangeschritten. Die Wanderung wird drei Mal pro Woche angeboten, wobei sie unter der Woche meist mit dem Therapieprogramm kollidierte. Ich ging kein zweites Mal mit, weil mir Anfängertouren zu wenig waren, sondern ging meine eigenen Wanderungen.
Was bleibt noch? Kommunikation mit Menschen:
Ich zog mich zwischen den Therapien immer wieder aufs Zimmer zurück, las am Anfang viel, bloggte in Ruhe. Bei längeren Pausen ging ich spazieren oder wandern. In den Geräteraum ging ich nie. Ich mochte Fitnesscenter schon im Alltag nicht, da wollte ich hier erst gar nicht anfangen. An meinem Tisch unterhielt ich mich mit einer Slowenin, einer Polin und einem Polen. Am Tisch nebenan saßen zwei Österreicher, die auch gerne Bergsport betrieben und mit denen ich abends öfter nach dem Essen noch zusammensaß. Einmal nahm mich der eine auch mit dem Auto mit, und wir gingen eine Tour, er mit Skiern und ich mit Schneeschuhen. Es hat sich bei mir also nichts geändert: Kontakte knüpfen funktioniert bei mir entweder über das gemeinsame Hobby (Bergsport) oder mit Ausländern, wie schon damals in Salzburg der rumänische und serbische Busfahrer, der kroatische Taxifahrer, die serbische Küchenangestellte. Der Rest verhielt sich neurotypisch. Ich stand ein einziges Mal bei einer Gruppe älterer Herren an der Bar, aber die Gespräche waren mir zu machohaft, zu sexistisch und einfach zu uninteressant, um einsteigen zu können.
Der Leiter der Therapie, mit dem ich nie zu tun hatte, grüßte mich immer namentlich und fragte mich dabei, wie es mir ginge, das fand ich nett.
Von der Geräuschkulisse ging es die ersten zwei Wochen gut. Störend war lediglich, dass ältere Menschen nicht imstande sind, ihr Handy auf lautlos zu stellen. Anrufe mitten in der Therapieeinheit (wozu das Handy mitnehmen?!) und abendliche Whatsappnachrichten mit hörbarem Vibrieren im Nachbarzimmer. Etwas, das ich anregen werde, was auf der Begrüßungsinformation stehen sollte: Handytöne auf lautlos stellen (bzw. fragen, wie das geht). In der dritten Woche war das Hotel dann ausgebucht, zu den Mahlzeiten war die Lautstärke teilweise über meiner Schmerzgrenze, ich bekam Kopfweh und hatte Schwierigkeiten, mich zu unterhalten, bekam nur noch ein Drittel mit, was frustrierend war. Am Zimmer hörte ich immer wieder Bohrgeräusche von Sanierungsarbeiten, draußen der Staubsauger, in der Bar der Staubsauger, im Hallenbad der dröhnende Industriestaubsauger. Es war manchmal ein Gfrett. Einmal war endlich Platz im Hallenbad und leise, dafür vertrieb mich der Geruch von Essigreiner, von dem mir übel wurde.
Das ist ein Manko, es sagen alle, man solle aktiv auf den Psychologen, auf die Therapieleitung, auf die Rezeption zugehen, aber wenn man genau damit als Autist Probleme hat? Besser wäre es, regelmäßige kurze Termine auszumachen, bei dem besprochen wird, ob alles passt und was verändert werden kann. Denn besondere Rücksicht wurde auf mich nicht genommen. Viel Spielraum gab es beim Plan auch nicht, aber das hatte für mich gepasst. Ich hatte ja abseits der Therapie nichts vor und nahm die Termine daher, wie sie kamen.
Störend war für meinen Routinenablauf der Besuch am Wochenende, wenn Familie, Kinder, Ehepartner, Freunde zu Besuch kamen. Ich saß meist alleine beim Essen und hatte den ganzen Tag kaum Unterhaltung, ergo Ablenkung, besonders beim ersten Mal wurde mir schmerzhaft vor Augen geführt, dass ich alleine war. Zuletzt konnte ich besser damit umgehen.

Persönliches Fazit:
Ich würde es wieder machen, trotz der Kritikpunkte wieder hier, weil die Kuranstalt vergleichsweise überschaubar ist, in anderen Kurorten sind es über 800 Kurgäste, über mehrere Gebäude verteilt, das ist wirklich stressig, hier maximal 100. Wunder sollte man sich, wie eingangs erwähnt, keine erwarten. Die Krankenkasse spart am Patienten. Vorsorge my ass, es wird viel auf Eigenverantwortung gesetzt und viele Übungen sind für alle gedacht, wenig ist individuell auf das Beschwerdebild zugeschnitten. Hochachtung vor dem, was das Personal hier leistet, sie machen das beste daraus und sind meistens ehrlich, was die Wirksamkeit derartig beschränkter Ressourcen betrifft. Das Kontakte knüpfen hat den Umständen entsprechend gut funktioniert. Ich war für viele Tage mit Abstand der jüngste hier, die Mehrheit ist deutlich über 40. Aber ich hab kein Problem mit älteren Menschen, daher fiel der Altersunterschied für mich nicht so ins Gewicht. Die besten Gespräche hatte ich wie immer mit den Ausländern. Ich kann ein paar Übungen in den Alltag nach der Kur integrieren und versuche auch das mit den Ruhezeiten stärker zu beachten, bzw. ein Waldspaziergang mehr und ein Nachmittag vor dem Computer weniger. Wie lange ich von der Auszeit zehren werde, wird man sehen.

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